stamokap
Dienstag, 2. Mai 2006
Neue soziale Katastrophen

Book Cover Wolfgang Abendroth: »Weil die kapitalistische Ökonomie, profitgesteuert wie sie ist, auf Mehrwertaneignung gerichtet wie sie ist, immer wieder neue große technologische Wellen erzeugt, wird sie dann dieses eigenen Problems nicht mehr Herr und kann ihr nicht mehr Herr bleiben. Das gilt auch für die Periode des Monopolkapitalismus, das gilt auch heute.

Dadurch, daß das variable Kapital, dieser Teil der Zusammensetzung der Kapitalquoten, zugunsten des fixen Kapitals, der Maschinerie und alledem, sinkt durch die Verbesserung der Ökonomie, durch den Prozeß der stetigen Akkumulation des Kapitals nämlich, wird ein zweites Problem immer wieder aufgeworfen, das Problem, daß die für die Individuen der in der Ökonomie Tätigen zur Erhaltung des Sozialprodukts gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit unvermeidlich permanent sinkt. Da aber andererseits die Kapitalistenklasse, die über die Produktionsmittel verfügt, dies Sinken nicht freiwillig ausdrücken kann, ganz einfach, weil sie sich ja, durch die Marktgesetze getrieben, möglichst große Profite aneignen muß, die aus dem Mehrwert, der im variablen Kapital wurzelt, abgezweigt werden, muß jeder neue große technische Sprung zu neuen sozialen Katastrophen führen. Deshalb kann keine kapitalistische, profitgesteuerte Ökonomie, möge sie nun liberal oder monopolkapitalistisch sein, mit diesem Problem jemals fertig werden.

[...] Lösen können wir dies Problem nur, wenn die Klasse der abhängigen Arbeit, die daran interessiert ist, diesen permanenten Prozeß der Verminderung gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit aus dem Zufall gelegentlicher kleinerer Klassenkämpfe zu befreien und in unmittelbare Aktualität zugunsten eines jeden Menschen zu verwandeln, wenn diese Klasse, die immer, auch im Monopolkapitalismus, Opfer der Zufallsökonomie des Kapitalismus und seiner Bewegungsgesetze ist, ihn in eine planende, sozialistische Ökonomie transformiert.« [Junge Welt]

Auszug aus einer Rede, die Wolfgang Abendroth zum 100. Todestag von Karl Marx am 14. März 1983 hielt.

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Freitag, 28. April 2006
Unterhaltungen...

Book Cover über den Sozialismus nach seinem Verschwinden, herausgegeben von Frigga Haug und Wofgang Fritz Haug unter Mitwirkung von Erhard Crome, Frank Deppe, Jutta Held, Wolfgang Küttler, Susanne Lettow, Peter von Oertzen, Lothar Peter, Jan Rehmann, Thomas Sablowski, Christoph Spehr, Jochen Steinhilber, Christoph Türcke und Frieder Otto Wolf. Dieses Büchlein gibt es nun auf den Seiten des Berliner Instituts für kritische Theorie (InkriT) zum kostenlosen Download ("pdf" 724 KB). Daneben gibt es ein neues Vorwort zur Internetausgabe ("pdf" 32 KB). Dort schreibt Wolfgang Fritz Haug: »Zunächst profitieren noch die Konservativen – die freilich im Gegensatz zu dieser Bezeichnung nicht konservieren, sondern die neoliberale Revolution gegen den Sozialstaat weiter radikalisieren. Da sich jedoch die Basisdeterminanten der Arbeitslosigkeit nicht ändern werden und »die Bourgeoisie«, wie Karl Marx im Manifest schreibt, sich als zunehmend unfähig erweist, »ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, weil sie gezwungen ist, ihn in eine Lage herabsinken zu lassen, wo sie ihn ernähren muß, statt von ihm ernährt zu werden« (MEW 4, 473), wird dahinter die Legitimationskrise der repräsentativen Demokratie hervortreten. [...]

Die Dialektik von Nah- und Fernzielen wartet unter solchen Bedingungen mit einer Überraschung auf: Das Fernste ist das Nächstliegende. Um der Demokratie willen muß die Linke bestrebt sein, die Legitimationskrise der repräsentativen Demokratie in die Legitimationskrise des Kapitalismus überführen. Weil – noch! – keine Alternative zum Kapitalismus im Ganzen in Sicht ist, werden vielfältige Formen von Solidarökonomie, die den Kapitalismus vorgreifend im Einzelnen überschreiten, zur Tagesaufgabe.«

Ich gehöre — wie einige von Euch wissen — zu den »Haug-Schülern«, ";->" ich habe während meines Studiums an seinen legendären »Kapital«-Kursen teilgenommen und war zeitweise auch Tutor dort. Daher gibt es von mir natürlich einen Lesebefehl. [Dank an Kai Surendorf für den Link.]

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Montag, 24. April 2006
Das Marx-Zitat am Montag

Karl Marx Maßloseste Verschwendung: »Je mehr die Produktivkraft der Arbeit wächst, um so mehr kann der Arbeitstag verkürzt werden, und je mehr der Arbeitstag verkürzt wird, desto mehr kann die Intensität der Arbeit wachsen. Gesellschaftlich betrachtet, wächst die Produktivität der Arbeit auch mit ihrer Ökonomie. Diese schließt nicht nur die Ökonomisierung der Produktionsmittel ein, sondern die Vermeidung aller nutzlosen Arbeit. Während die kapitalistische Produktionsweise in jedem individuellen Geschäft Ökonomie erzwingt, erzeugt ihr anarchisches System der Konkurrenz die maßloseste Verschwendung der gesellschaftlichen Produktionsmittel und Arbeitskräfte, neben einer Unzahl jetzt unentbehrlicher, aber an und für sich überflüssiger Funktionen.

Intensität und Produktivkraft der Arbeit gegeben, ist der zur materiellen Produktion notwendige Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags um so kürzer, der für freie, geistige und gesellschaftliche Betätigung der Individuen eroberte Zeitteil also um so größer, je gleichmäßiger die Arbeit unter alle werkfähigen Glieder der Gesellschaft verteilt, je weniger eine Gesellschaftsschicht die Naturnotwendigkeit der Arbeit von sich selbst ab- und einer andren Schichte zuwälzen kann. Die absolute Grenze für die Verkürzung des Arbeitstags ist nach dieser Seite hin die Allgemeinheit der Arbeit. In der kapitalistischen Gesellschaft wird freie Zeit für eine Klasse produziert durch Verwandlung aller Lebenszeit der Massen in Arbeitszeit.« [Junge Welt]

Auszug aus: Karl Marx: Das Kapital. Kritik der Politischen Ökonomie. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke Band 23, Berlin 1972, Seite 542–552

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